Abb. 7: Calanchifläche in der Nähe von Bagnoregio. Trotz der unterschiedlichen Sedimentzusammensetzung ist die Erscheinungsform denen der Reißen in den Alpen recht ähnlich (Quelle: eigene Aufnahme 2012).

Questar3D: Hochpräzise Erosionsforschung in unterschiedlichen Klimaten Europas

Einleitung: Bodenerosion als eine schleichende Bedrohung

Ein Beitrag von Georg Veh aus der 8. Ausgabe von entgrenzt.

Seit August 2013 werden unter der Federführung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt die komplexen Wirkungszusammenhänge von Hangabtrag auf steilen Erosionshängen untersucht. In einem länderübergreifenden Transekt ausgehend von der Fränkischen Alb über die Nord- und Zentralalpen bis in die italienische Toskana sollen Erosionsraten mit neuesten Techniken wie Terrestrischem Laserscanning und drohnengestützter Stereophotogrammetrie quantifiziert werden. Mit bereits bestehenden Erosionsmodellen wird versucht, den Sedimentaustrag von kleinen Einzugsgebieten auf ganze Regionen zu übertragen. Der Artikel geht im Besonderen auf das Projektdesign ein und beleuchtet die Gründe für die Auswahl der Untersuchungsgebiete. Bereits jetzt lässt sich eine variierende Erosionsdynamik in den Testgebieten erkennen, deren Ursache durch mehrmalige Aufnahmen in den nächsten Jahren ermittelt wird.

1 Einleitung: Bodenerosion als eine schleichende Bedrohung

Die Verlagerung von Sedimenten durch fließendes Wasser ist schon seit langer Zeit Gegenstand detaillierter Untersuchungen in unterschiedlichen Regionen Europas (Auerswald et al. 2009; Brunton/Bryan 2000; Diodato/Bellocchi 2008). Die Ausbreitung des menschlichen Siedlungsbereichs und die intensive landwirtschaftliche Nutzung seit der Antike führten in vielen Gebieten zu großflächiger Erosion. Eine extreme Form der stetigen Landschaftsdegradation sind badlands, Gebiete mit tief zerschnittenen und nahezu vegetationslosen Steilhängen (Bouma/Imeson 2000; Gallart et al. 2013). In den nördlichen Mittelbreiten wurden die grundlegenden geomorphologischen Prozesse um Abtrag, Transport und Ablagerung von Bodenmaterial bereits frühzeitig erkannt. Dadurch konnte diese Entwicklung verhindert bzw. bereits bestehende Schäden wieder weitestgehend behoben werden. Dagegen kann diesem Vorgang vor allem im Mittelmeerraum trotz teurer Sicherungsmaßnahmen bis heute kein Einhalt geboten werden. Infrastrukturelle Schäden sind zwangsläufig die Folge, welche sogar zur Aufgabe ganzer Städte führen kann, wie das Beispiel der Civita di Bagnoregio im italienischen Latium zeigt (Abb. 1) (Garbin et al. 2013).

Abb. 1: Civita di Bagnoregio. Viele Bürger verließen im Mittelalter aufgrund der starken Erosionsdynamik die Stadt

Abb. 1: Civita di Bagnoregio. Viele Bürger verließen im Mittelalter aufgrund der starken Erosionsdynamik die Stadt

Auch in den Nordalpen existieren ähnliche, stark durch Erosionsprozesse geprägte Oberflächenformen. Dort wirken sich die Erosionsprozesse nicht direkt auf den Siedlungsraum des Menschen aus, da diese in den nur schwer zugänglichen Oberläufen der Wildbäche stattfinden. Insbesondere bei Starkregenereignissen können große Mengen an Sedimenten mobilisiert und für Muren bereitgestellt werden (Becht 1995; Wetzel 1992). Somit ist auch für Gemeinden in Tallagen Risikovorsorge dringend von Nöten (Bunza et al. 2004). Am 1. Juli 1990 zog durch die bayerische Kleinstadt Benediktbeuern ein Hochwasser mit extremer Sedimentfracht. Infolge eines Starkniederschlags mit 90 mm in nur 45 Minuten wurden große Mengen Moränenmaterial aus den umliegenden Reißen mobilisiert. In Benediktbeuern entstanden durch dieses 200- bis 500-jährliche Hochwasser des Lainbaches enorme Schäden (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Das Hochwasser vom 1. Juli 1990 in Benediktbeuern. Oben: Mitgerissene Autos aus dem Lainbachtal. Unten: Sedimentablagerungen im Ortskern von Benediktbeuern (Quelle: M. Becht)

Abb. 2: Das Hochwasser vom 1. Juli 1990 in Benediktbeuern. Oben: Mitgerissene Autos aus dem Lainbachtal. Unten: Sedimentablagerungen im Ortskern von Benediktbeuern (Quelle: M. Becht)

Frequenz und Magnitude diverser erosiver Prozesse auf Steilhängen sind von zahlreichen Parametern abhängig, wobei dem angesprochenen Niederschlag die bei Weitem größte Bedeutung zugemessen wird (Diodato/Bellocchi. 2008; Nearing et al. 2005). Dabei setzten Splash-Effekte, d. h. durch die mechanische Energie auftreffender Regentropfen auf vegetationslosen Oberflächen verursachte kleinräumige Erosionsprozesse, die Infiltrationskapazität herab und fördern die Verschlämmung sowie den direkten Oberflächenabfluss (Bryan 2000). Als Konsequenz kommt es zur Flächen- oder Rinnenspülung in Runsen (sheet oder rill erosion), wobei über das gesamte Jahr hinweg gesehen nicht ein ausschließlich niederschlagsdominierter, sondern vielmehr ein aus vielen Faktoren zusammengesetzter kontinuierlicher Erosionsprozess mit schwankender Intensität stattfindet. Durch das Auftauen der Schneedecke im Frühjahr kommt es zudem zu kleineren Rutschungen, wenn das Substrat aufgrund der starken Durchfeuchtung vor allem im Oberhang und in Gratbereichen gelockert wird (Neugirg et al. in Vorbereitung). Starke Abhängigkeit besteht zudem vom Ausgangssubstrat, welches je nach Korngröße eine unterschiedliche Erosionsanfälligkeit aufweist (Assouline/Ben-Hur 2006; Torri et al. 2013). Anschneidungen im Unterhangbereich durch anthropogene (z. B. Straßenbau) oder natürliche Einflüsse (Flusserosion im Prallhangbereich) können wiederum eine destabilisierende Wirkung auf den gesamten Hang haben (Haas et al. 2004).
Es entsteht ein Prozess-Responsesystem aus Schuttlieferung und -abfuhr und der Hangneigung, das einem dynamischen Gleichgewicht entgegenstrebt. Bereits gelockertes und mobilisiertes Material kann im Hang zwischengespeichert werden, bis es durch das nächste Ereignis erneut mobilisiert wird. Es sind vor allem diese komplexen Rückkopplungen, die bis dato eine exakte Quantifizierung von Sedimentverlagerungen durch fließendes Wasser, sogenanntem hangaquatischem Abtrag, erschwerten (Clarke/Rendell 2006). Hinzukommt das bisweilen sehr eingeschränkte Methodenspektrum. Die Installation von gewöhnlichen Messgeräten wie Denudationspegeln und Sedimentfallen ist gerade in diesen Gebieten nur schwer möglich und führt zudem zu einer Störung des Systems (Benito et al. 1992; Ciccacci et al. 2008; Della Seta et al. 2007). In der Modellierung der Gesamtbilanz muss deshalb zwischen den einzelnen Aufnahmepunkten stark interpoliert werden. Die kleinräumige Variabilität zwischen Erosions- und Akkumulationsbereichen wird somit oftmals übersehen (Sirvent et al. 1997). Dass beim Wechsel von der lokalen (dem einzelnen Hang) zur regionalen Skala (dem ganzen Einzugsgebiet) in der Modellierung große Unsicherheiten herrschen, liegt auf der Hand (Chaplot/le Bissonnais 2000; Schindewolf et al. im Druck). Der Forschungsbedarf in diesem Bereich der Bodenerosion ist dementsprechend groß.

Ein Gedanke zu „Questar3D: Hochpräzise Erosionsforschung in unterschiedlichen Klimaten Europas

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