Nischen beschreiben in den Naturwissenschaften für den Menschen, die Flora und die Fauna anspruchsvolle Lebensräume, die durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Umweltfaktoren eine hohe Anpassung und eine spezielle Funktion im Ökosystem erfordern. Tiefseefische in der Schwärze des Ozeans, die Eidechse in der Wüste oder Mangrovenwälder im Gezeitenwechsel der salzigen Ozeane! Im humangeographischen Sinne finden sich die Nischen der Menschheitsgeschichte in Raum und Zeit! So bilden Obdachlosigkeit oder Entschleunigung Nischen im sozialen Gefüge vieler Gesellschaften und der Turbokapitalismus oder die Lebensart der Urwaldvölker und Hochgebirgsbewohner sind fasziniernde gesellschaftliche Besonderheiten! Die Foto(Geo)graphen in der Ausgabe 8, haben erschreckend reale Nischen in Form von Schießscharten und der Flucht vor dem Tod als einzigem Ausweg, aber auch in der beeindruckenden Ehrfurcht vor einer Landschaft sowie in dem politischen Ausdruck eines indigenen Volkes gefunden. Seht selbst.
Charlotte Behrmann (Frankfurt) – Eingang der Zitadelle mit Viadukt, Aleppo, Syrien, April 2011, 36°11’N 37°09’O
Ein sonniger Tag. Auf dem Vorplatz der Zitadelle wird nach gewohnter Geselligkeit zusammengesessen, gequatscht und Fußball gespielt. Keine Vorahnung von dem, was kommen wird. Keine Vorstellung darüber, dass dieser friedliche Ort bald von Soldaten gestürmt, umkämpft und besetzt werden wird – und regierungstreue Scharfschützen aus den mittelalterlichen Schießscharten feuern würden. Diente die Zitadelle einst nicht dem Schutz der Bevölkerung? Jetzt sind 9 Millionen SyrerInnen auf der Flucht. Rund 3 Millionen haben es schon in die Nachbarländer und weiter geschafft.
©Bildmaterial: Charlotte Behrmann
Sebastian Purwins (Augsburg) – Namibia – Zentralost Namibia (60 km südlich des Sesriem Canyon), April 2013, 25° 0′ S 16° 0′ O
Von den Farben und den Ausmaßen der Landschaft überwältigt, entstand dieses Bild am 2. April 2013 in Namibia im Rahmen einer großen Exkursion. Es zeigt die Aussicht auf unsere Route durch den Namib-Rand-Naturpark (einen der größten privaten Naturparks Afrikas), die wir an diesem Tag zurückgelegt hatten. Aufgrund der weiten Sicht entstand die Komposition an Farben in der Landschaft mit zunehmender Entfernung. Ein Eindruck, der uns innerhalb dieser Szenerie für einen Augenblick so klein und nichtig wirken ließ.
©Bildmaterial: Sebastian Purwins
Fabian Franke (Graz) – Quito, Provinz Pichincha, Ecuador, August 2013, 0° 10′ S 78° 28′ W
„Schluss mit den Lügen – Schützen wir Yasuní!“ steht auf dem Schild einer Demonstration in Quito, Ecuador im August 2013. Gemeint ist der Yasuní Nationalpark im Nordosten des Landes, der als eine der artenreichsten Regionen weltweit gilt und von der UNESCO seit 1989 als Biospährenreservat geschützt ist. Er wird bedroht durch die Pläne der Regierung, einen Teil für die Ölförderung freizugeben. Im Hintergrund ist die Flagge der indigenen Bevölkerung der nördlichen Andenregion Südamerikas, der Quechua, zu sehen. Ihnen würde durch den wirtschaftlichen Eingriff nicht nur die ökologische Lebensgrundlage entzogen, sondern auch die kulturelle und soziale Selbstbestimmung über ihr angestammtes Gebiet genommen.
©Bildmaterial: Fabian Franke