„Und was macht man dann damit?“ – Damit sich diese Frage in Zukunft ein bisschen leichter beantworten lässt, hat der DVAG, der „Deutsche Verband für Angewandte Geographie e.V.“, am 25.01.16 eine Podiumsdikussion mit dem Fokus „Risikomanagement“ organisiert. Bei der abendlichen Diskussion in Erlangen waren drei GeographInnen aus der Praxis eingeladen: Christian Barthelt von der Münchener Rück Stiftung, Dr. Julia Mayer vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe aus Bonn und Marius Henseli von AIR Worldwide, ebenfalls aus München. Der Abend zeigte, dass ein Geographie-Studium nicht unbedingt nur LehrerInnen und Dozierende hervorbringt, sondern auch, dass der Berufseinstieg für GeographInnen oft verschlungenen Wegen folgt:
„Praktika sind total wichtig!“, betont Dr. Julia Mayer vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, kurz BBK. Sie hat drei wichtige Praktika absolviert: Eines bei der Deutschen Rückversicherung, eines am Institut für Länderkunde in Leipzig und zuletzt eines beim BBK, ihrem jetzigen Arbeitgeber. Auch Christian Barthelt hat drei Praktika hinter sich: Er begann mit einem Flugzeughersteller, war dann als Praktikant in der Nationalparkverwaltung Bayrischer Wald tätig, bis er über das letzte Praktikum zur Münchener Rück Stiftung fand. Studiert hat er eigentlich Wirtschaftsgeographie. Heute ist er Projektmanager bei der Rück Stiftung und leitet vier unterschiedliche Projekte, unter anderem eines zu Resilience-Steigerung in Bangladesch. Die von der Münchener Rück Versicherung (Munich Re) ins Leben gerufene Rück Stiftung ist gemeinnützig und arbeitet besonders im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit.
Aber nicht nur Praktika sind wertvoll, sondern einfach alles, was mit Praxis zu tun hat: Marius Henseli hat beispielsweise als Werkstudent bei der Münchener Rück Versicherung angefangen und verfasste dort auch seine Masterarbeit. „Man hat schon den Fuß in der Tür, irgendjemand hat schon von dir gehört, so kommt man dann rein“, sagt er. Die anderen beiden stimmen ihm zu. Außerdem ist es gut, sich schon möglichst schnell ein Netzwerk aufzubauen, sich ein bisschen zu engagieren, fügt Julia Mayer hinzu. Es helfe schon, öfter mal auf Abendvorträge zu gehen: dann sehen die DozentInnen, dass man interessiert ist und man bekommt selbst neue Anstöße und Ideen.
Selbstverständlich bedeutet das aber nicht, dass man nach dem Bachelor sofort seinen Traumjob bekommt: Vieles kann man nicht planen, Umwege gehören dazu. „Ich wollte eigentlich an der Uni bleiben“, erzählt Julia Mayer, die ihre Doktorarbeit über die Luhmann’sche Systemtheorie geschrieben hat. „Bis ich beim BBK gesehen habe, dass die Praxis unheimlich spannend sein kann.“ Jetzt arbeitet sie in einem Bereich, der zunächst gar nicht so geographisch klingt: Sie bearbeitet mit ihren KollegInnen Szenarien, bei denen in bestimmten Regionen der Strom ausfällt und ergreift Präventivmaßnahmen, um Chaos und Unterversorgung möglichst gering zu halten. Die Katastrophen mit denen sie sich befasst, sind eben menschengemacht. Aber nicht weniger wichtig. Auch Marius Henseli, der sich in seinem Bachelor-Studium schnell für einen humangeographischen Schwerpunkt entschied, hat nicht damit gerechnet, bei einem Versicherer zu landen: Im Münchener Büro von AIR Worldwide analysiert er mit Hilfe von verschiedenen Geoinformationssystemen potentielle Schäden und modelliert geokodierte, versicherte Risiken.
Oft fallen die Begriffe „Zufall“ oder „Glück“, wenn die drei GeographInnen über ihren Werdegang sprechen. Schließlich trifft Christian Barthelt den Nagel auf den Kopf, als er sagt: „Eigentlich sind es ja keine Zufälle, man erarbeitet sich ja die Zufälle, indem man gute Arbeit leistet“. Um gute Arbeit leisten zu können, muss man als Geographie-StudentIn oder -absolventIn aber erst einmal die Chance dazu bekommen – beispielsweise in Form eines Praktikums.
Viele Studierende in höheren Semestern kennen allerdings auch die Erfahrung, nicht einmal für ein Praktikum genommen zu werden. Worauf muss man also in der Bewerbung achten?
Das A und O: Keine Rechtschreibfehler! Klingt banal, sollte man aber lieber doppelt und dreifach prüfen lassen, zum Beispiel indem man Eltern oder KommilitonInnen die Bewerbung zu Lesen gibt. Außerdem sollte eine gut begründete Motivation hinter jeder Bewerbung stehen: „’Ich find Risikomanagement ganz spannend’ reicht mir irgendwie nicht. Es muss schon etwas sein, bei dem wir sagen: Ja, das passt zu uns.“, erklärt Dr. Julia Mayer. Auch Initiativbewerbungen seien in der Regel gern gesehen. Und wie bei vielem im Leben lautet das Motto: Nicht Aufgeben! Christian Barthelt hat selbst 40-60 Bewerbungen geschrieben und war bei mehreren Bewerbungsgesprächen. Eine Ablehnung ist kein Zeichen für Unfähigkeit – manchmal sind einfach gerade andere Bewerberprofile gefragter. „Das kann auch situationsabhängig sein“, meint Dr. Julia Mayer. Je nach aktuellem Bedarf bei dem/der potentiellen ArbeitgeberIn kann man eben Pech haben – oder auch Glück.
Nach der Podiumsdiskussion ließen Studierende, DozentInnen, GasthörerInnen und DiskussionspartnerInnen mit Punsch und Waffeln gemeinsam den Abend ausklingen. Die indirekte Take-Home-Message: Es gibt mehr Möglichkeiten für GeographInnen, als man vielleicht denkt. Man sollte nur offen für Alternativen bleiben und möglichst viele Erfahrungen sammeln.